Chamomilla (Kamille)
Botanische Herkunft und Charakteristika
Chamomilla, auch bekannt als Echte Kamille (Matricaria chamomillae oder Chamomilla recutita Rauschert), gehört zur Familie der Korbblütler (Compositae) und ist vor allem in Eurasien, Nordamerika und Australien verbreitet. In der Arzneimittelherstellung wird die zur Blütezeit gesammelte Pflanze verwendet. Die aktiven Inhaltsstoffe umfassen ätherische Öle wie Chamazulen und α-Bisabolol sowie Flavonoide wie Apigenin, Luteolin und Quercetin.
In der Allopathie wird Chamomilla als antiphlogistisches, spasmolytisches, bakterio- und fungostatisches Mittel verwendet. Besonders bewährt hat es sich bei Krämpfen und Entzündungen im Magen-Darm-Trakt sowie bei Zahnfleisch-, Haut- und Schleimhautentzündungen.
Hauptwirkrichtung
Chamomilla wirkt vor allem auf das Nervensystem und zeigt eine ausgeprägte Überempfindlichkeit, die häufig mit heftigen psychischen Reaktionen wie Wut und Verärgerung einhergeht. Diese Überempfindlichkeit, insbesondere gegen Schmerzen, führt oft zu unkontrollierten emotionalen Ausbrüchen. Die Hauptwirkung zeigt sich im Bauchbereich, wo es zu Krämpfen und einem erhöhten Muskeltonus sowohl der glatten Gefäßmuskulatur als auch der Skelettmuskulatur kommen kann.
Typische Patienten
Chamomilla ist ein besonders wichtiges Mittel für sensible, reizbare und überempfindliche Personen, wobei häufig Frauen und Kinder im Vordergrund stehen. Besonders auffällig ist das Verhalten von Kindern, die bei Schmerzen oder Unwohlsein nicht berührt oder angesprochen werden wollen. Sie verlangen oft nach etwas, lehnen es jedoch nach Erhalt sofort wieder ab. Diese Kinder können regelrecht wütend werden, werfen Gegenstände umher und lassen sich nur durch Umhertragen beruhigen.
Wichtige Leitsymptome
Psychische Symptome:
- Überempfindlichkeit und Reizbarkeit: Der Patient reagiert übertrieben auf Schmerzen, was sich in heftigen emotionalen Ausbrüchen äußert. Es kommt zu Wutausbrüchen, Ungeduld und extremer Launenhaftigkeit.
- Verlangen nach Umhertragen: Besonders bei Kindern zeigt sich das Bedürfnis, ständig getragen zu werden, was kurzfristig beruhigend wirkt.
- Unangemessene Reaktionen auf Schmerz: Schmerzen werden als unerträglich empfunden, und selbst leichte Berührungen oder Ansprache lösen massive Reaktionen aus. Es kommt zu Weinen, Schreien und Zorn.
Körperliche Symptome:
- Heftige Schmerzen: Chamomilla-Patienten leiden unter extrem intensiven Schmerzen, die oft unverhältnismäßig stark empfunden werden. Typisch sind neuralgische Zahnschmerzen, die durch kalte Anwendungen gelindert, durch Wärme jedoch verschlimmert werden.
- Krampfartige Beschwerden: Bauchkrämpfe, Blähungskoliken und krampfartige Menstruationsbeschwerden sind häufige Symptome. Diese Krämpfe treten oft in Zusammenhang mit Zorn oder emotionaler Erregung auf.
- Durchfall: Besonders bei Kindern kann Durchfall auftreten, der oft in Verbindung mit Zahnungsbeschwerden steht. Der Stuhl ist grasgrün, schleimig und riecht nach faulen Eiern.
- Hitzewallungen und Schwitzen: Patienten erleben Hitzegefühl, insbesondere im Gesicht, oft begleitet von heißem, schweißigem Gesicht und roten Wangen.
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Modalitäten
Verschlimmerung:
- Abends und nachts, besonders zwischen 21:00 und 12:00 Uhr.
- Kälte und kalte Luft sowie kalter Wind verschlechtern die Symptome.
- Wärme, insbesondere warmes Essen, warme Getränke oder das warme Bett, können die Beschwerden verstärken, auch wenn Koliken durch Wärme gelindert werden.
- Ärger und Zorn, insbesondere emotionaler Stress, verschlimmern die Symptome.
Besserung:
- Bewegung, sowohl aktive als auch passive (Umhertragen).
- Wärme lindert krampfartige Beschwerden, insbesondere Bauchkrämpfe.
- Morgens, vor allem zwischen 9:00 und 12:00 Uhr, verbessern sich die Symptome.
Organo- und Funktiotropie
Chamomilla wirkt besonders auf das zentrale und vegetative Nervensystem sowie auf die peripheren Nerven. Weitere Organe, die von Chamomilla beeinflusst werden, sind die Schleimhäute, der Verdauungstrakt, die Atemwege, das weibliche Geschlechtssystem sowie das Stütz- und Bewegungssystem. Es handelt sich zudem um ein eher linksseitiges Mittel.
Typische Indikationen
- Zahnungsbeschwerden bei Kindern, oft verbunden mit Durchfall.
- Krampfartige Schmerzen im Bauch- und Unterleibsbereich, besonders während oder vor der Menstruation.
- Neuralgische Zahnschmerzen, die durch Kälte gelindert werden.
- Kolikartige Bauchschmerzen bei Kindern, oft begleitet von Blähungen und Durchfall.
- Nervöse Reizbarkeit und Schlafstörungen, besonders bei Kindern.
Differentialdiagnostik
Eine Differentialdiagnose ist wichtig, um Chamomilla von ähnlichen Mitteln abzugrenzen. Besonders relevant sind:
- Antimonium crudum: Kinder, die nicht angesprochen oder berührt werden wollen.
- Belladonna: Bei intensiven Entzündungen und plötzlich einsetzenden Fieberzuständen, die nicht durch Chamomilla gelindert werden.
- Cina: Für ruhelose Kinder, die nachts schreien und nicht berührt werden wollen.
- Coffea: Bei extremer Schmerzempfindlichkeit und Ungeduld aufgrund von Schmerzen.
Abschließende Bemerkungen
Chamomilla ist ein ausgesprochenes Kindermittel, das besonders bei akuten Zuständen wie Zahnungsbeschwerden, krampfartigen Schmerzen und nervöser Überreiztheit Anwendung findet. Es ist jedoch auch bei Erwachsenen von Bedeutung, wenn diese unter ähnlichen Symptomen leiden, insbesondere bei emotionaler Reizbarkeit und heftigen Reaktionen auf Schmerzen.
Fazit
Chamomilla ist ein unverzichtbares Mittel in der Homöopathie, insbesondere für sensible, reizbare Patienten, die auf Schmerzen und äußere Reize überempfindlich reagieren. Die starken psychischen und physischen Symptome, die durch emotionalen Stress und Ärger verstärkt werden, machen es zu einem wichtigen Mittel für Kinder und nervöse Frauen.
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Beitragsbild: pixabay.com – GoranH
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