Bellis perennis (Gänseblümchen)

Bellis perennis, das bescheidene Gänseblümchen – auch als Massliebchen oder Tausendschön bekannt –, gehört zur Familie der Asteraceae. Es wächst in ganz Europa und Asien und ist nicht nur in der Volksmedizin, sondern auch in der allopathischen Heilkunde seit Jahrhunderten bekannt. Seine Wirkstoffe – Bitterstoffe, Inulin, Saponine und ätherische Öle – verleihen ihm expektorierende, adstringierende und wundheilungsfördernde Eigenschaften.

In der allopathischen Medizin kommen die frisch blühende Pflanze oder deren Blütenköpfe bei Atemwegskatarrhen, rheumatischen Beschwerden und Durchfall zur Anwendung. Doch auch in der Homöopathie nimmt Bellis perennis eine bedeutsame Rolle ein, insbesondere als tief wirkendes Verletzungsmittel mit besonderem Bezug zu Blutgefäßen, Bindegewebe und der Muskulatur.

Das homöopathische Arzneimittelbild

Organo- und Funktiotropie

Bellis perennis zeigt eine besondere Affinität zu:

  • Blutgefäßen
  • Muskeln und Bindegewebe
  • Bronchien
  • Schleimhäuten (Mund, Magen-Darm-Trakt)
  • Haut
  • Stütz- und Bewegungssystem

Es gilt als eher linksseitiges Mittel.

Mittelkern – Das „englische Arnica“

Bellis perennis weist auffällige Parallelen zu Arnica montana auf. Es ist besonders angezeigt bei:

  • Wundheits- und Zerschlagenheitsgefühl
  • Verletzungsfolgen tieferer Gewebeschichten
  • Schwellungen nach Verletzungen, die trotz Arnica-Gabe bestehen bleiben

Ein wichtiges Differenzialmerkmal zu Arnica ist die Besserung durch Bewegung und Reiben.

Einsatzgebiete und Modalitäten

Causa – Auslösende Faktoren

Bellis perennis ist ein wichtiges Mittel bei Verletzungsfolgen, insbesondere nach:

  • Prellungen, Quetschungen und stumpfen Traumata
  • Verletzungen tiefer liegender Gewebestrukturen
  • älteren Verletzungen, die nicht vollständig ausgeheilt sind
  • Bauchoperationen
  • Stoßverletzungen im Brustbereich
  • Erkältung durch kalte Getränke oder Nässe nach Überhitzung

Miasmatischer Bezug

Das Mittel hat Verbindungen zu den psorischen, syphilitischen, sykotischen und cancerinischen Miasmen – ein Hinweis auf seine tiefgehende Wirkung bei chronischen Prozessen.

Körperliche Symptomatik

Haut und Bindegewebe

  • Hämatome, Hämangiome
  • Tiefe, eitrige Hautprozesse (Furunkel, Karbunkel)
  • Nässende Ekzeme
  • Juckreiz, Urtikaria
  • Herpes labialis

Verletzungsfolgen und rheumatische Beschwerden

  • Prellungen, Quetschungen, stumpfe Traumata
  • Schmerzen im Beckengebiet nach Sturz auf das Steißbein
  • Muskel- und Gelenkbeschwerden, besonders nach Überanstrengung
  • Rheumatische Schmerzen, v.a. in der rechten Schulter und im Lendenwirbelbereich
  • „Eisenbahner-Rücken“ – Schmerzen nach schwerer körperlicher Arbeit

Magen-Darm-Trakt

  • Wundes Gefühl in der Bauchregion
  • Unverträglichkeit von Kleidung auf der Magengegend
  • Magenschmerzen nach kalten Getränken in erhitztem Zustand
  • Wässriger Durchfall

Weibliche Geschlechtsorgane

  • Schmerzende Brüste (Mastodynie), besser durch Bewegung und Reiben
  • Brustverhärtung nach Verletzungen
  • Uterusschmerzen mit Gefühl des Zusammengepresstseins
  • Gebärmuttersenkung
  • Möglicher Bezug zu Mamma-Ca

Kreislauf und Blutungsneigung

  • Hämatome und Hämangiome
  • Allgemeine Blutungsneigung
  • Metrorrhagien

Psychische Symptomatik

Bellis perennis-Patienten zeigen oft innere Unruhe, Gereiztheit und Niedergeschlagenheit. Ein ausgeprägter Bewegungsdrang kann mit Benommenheit und verlangsamtem Denken kombiniert sein. Auffällig ist eine Abwehrhaltung gegenüber Krankheit – der Patient behauptet, nicht krank zu sein (Differenzialdiagnose: Arnica).

Allgemeinsymptome und Modalitäten

Modalitäten

Besserung durch:
Bewegung
Reiben oder Massage
Wärme

Verschlimmerung durch:
Kälte nach Überhitzung
Kalte Getränke
Nässe
Berührung
Nachtschweiß

Schlafstörungen

  • Erwacht gegen 3 Uhr morgens und kann nicht wieder einschlafen

Besondere Gelüste

  • Starker Durst nach kaltem Wasser
  • Verlangen nach Mixed Pickles

Therapeutische Anwendung und Differenzialdiagnose

Indikationen

  • Wichtige Alternative zu Arnica bei Wundheilung
  • Distorsionen, Prellungen, Verletzungen, wenn Arnica nicht innerhalb von 2 Stunden wirkt
  • Rheumatische Beschwerden
  • Bakterielle Hautinfektionen (Furunkel, Karbunkel)

Differenzialdiagnose

  • Arnica montana: Verletzungen, Blutungsneigung, Furunkulose, Arteriosklerose
  • Calcium fluoratum: Hämangiome, Bindegewebsschwäche
  • Ruta graveolens: Sehnen- und Knochenverletzungen

Mittelgabe und Potenzwahl

Bellis perennis kann sowohl innerlich als auch äußerlich angewendet werden. Besonders bewährt hat sich die Tinktur zur lokalen Anwendung, mehrmals täglich aufgetragen.

Fazit

Bellis perennis ist ein oft übersehenes, jedoch äußerst wertvolles Verletzungsmittel mit tiefer Gewebswirkung. Es kann als „englisches Arnica“ betrachtet werden, insbesondere wenn Arnica nicht ausreicht oder Wunden tiefere Strukturen betreffen. Mit seiner starken Affinität zu Bindegewebe, Blutgefäßen und Muskulatur verdient es einen festen Platz in der homöopathischen Praxis – nicht zuletzt bei älteren Menschen mit chronischen Verletzungsfolgen.

0 Kommentare

Hinterlasse einen Kommentar

An der Diskussion beteiligen?
Hinterlasse uns deinen Kommentar!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert