Barium carbonicum (Schwererde, Baryta carbonica)

Barium carbonicum, auch als Schwererde oder Baryta carbonica bekannt, ist ein homöopathisches Mittel, das insbesondere bei Entwicklungsverzögerungen im Kindesalter sowie bei degenerativen Erkrankungen im Alter indiziert ist. Es repräsentiert den Zustand von Menschen, die in ihrer Entwicklung zurückgeblieben sind – sei es körperlich, geistig oder emotional.

Herkunft und allopathische Wirkung

Bariumcarbonat kommt in der Natur als Mineral „Witherit“ oder „Baryt“ vor. In der allopathischen Medizin sind Bariumsalze für ihre toxische Wirkung bekannt und können schwerwiegende Symptome wie Magenbeschwerden, Erschöpfung, Lähmungen und kardiale Dysfunktionen bis hin zum Herzstillstand verursachen. Besonders auffällig ist die Wirkung auf das Herz: Die verzögerte Reizleitung führt zu einer Verlangsamung der Herztätigkeit (Bradykardie) bis zur Asystolie, während gleichzeitig die Erregbarkeit des Myokards steigt. In der Peripherie kommt es zur Vasokonstriktion, was den Blutdruck erhöht – ein Aspekt, der für die homöopathische Anwendung bei Arteriosklerose von Bedeutung ist.

Leitsymptome und Mittelkern

Lähmungen und Retardierung – auf körperlicher und geistiger Ebene

Barium carbonicum zeigt seine tiefgreifende Wirkung in zwei großen Bereichen:

  • Physische Lähmung: Muskelschwäche, Magenatonie, verzögerte motorische Entwicklung
  • Geistige Retardierung: Unreife, Entwicklungsverzögerung, geistige Trägheit und soziale Unsicherheit

Diese Themen ziehen sich durch das gesamte Arzneimittelbild. Betroffene Kinder lernen spät laufen und sprechen, zeigen Minderwuchs und wirken insgesamt unreif. Erwachsene Patienten können in eine Art „zweite Kindheit“ zurückfallen, was besonders bei seniler Demenz auffällt.

Charakteristika und Hauptindikationen

Pädiatrie: Entwicklungsverzögerung und kindliche Ängste

  • Spätes Sprechen- und Laufenlernen
  • Schüchterne, ängstliche Kinder mit Minderwertigkeitsgefühlen
  • Geistige Trägheit, unentschlossen und schwer von Begriff
  • Vergrößerte Mandeln, chronische Tonsillitiden
  • Lymphatische Konstitution mit Neigung zu Erkältungen

Geriatrie: Senile Demenz und Arteriosklerose

  • Vergesslichkeit, geistige Verlangsamung
  • Misstrauen, Gefühl des Beobachtetwerdens
  • Frühe Senilität, infantile Verhaltensweisen im Alter
  • Arteriosklerose mit Schwindel und Bluthochdruck
  • Chronische Herzinsuffizienz mit Bradykardie

Herz-Kreislauf-Erkrankungen

  • Arteriosklerotische Hypertonie
  • Reizleitungsstörungen, Arrhythmien
  • Kalte Extremitäten durch Durchblutungsstörungen

Magen-Darm-Trakt & Stoffwechsel

  • Magenatonie, langsame Verdauung
  • Häufige Magenschmerzen, oft als „normal“ empfunden
  • Aufgetriebener Bauch, insbesondere bei Kindern
  • Neigung zu Obstipation

Psychische Symptomatik

Barium carbonicum-Patienten sind oft schüchtern, zurückgezogen und von Unsicherheiten geplagt. Sie haben Angst vor neuen Situationen, fürchten sich davor, ausgelacht oder beobachtet zu werden, und ziehen sich aus gesellschaftlichen Kontakten zurück. Diese Unsicherheit kann sich bis zu sozialer Inkompetenz steigern.

Typische Merkmale:

  • Angst vor Fremden, Dunkelheit, Alleinsein
  • Geringe soziale Kompetenz, Vermeidung von Gesellschaft
  • Naive Vertrauensseligkeit oder tiefes Misstrauen
  • Infantiles, albernes Verhalten, besonders bei älteren Patienten
  • Depression und Antriebslosigkeit

Modalitäten

Verschlimmerung durch:

  • Kälte, Feuchtigkeit, kalte Luft
  • Nach dem Essen
  • Gesellschaft und Stress
  • Liegen auf der betroffenen Seite

Besserung durch:

  • Gehen an der frischen Luft
  • Warme Kleidung
  • Selbstgespräche

Wichtige Indikationen im Praxisalltag

  • Arteriosklerose, Bluthochdruck
  • Senile Demenz, geistige Retardierung
  • Chronische Mandelentzündungen, Lymphadenopathie
  • Entwicklungsverzögerungen bei Kindern
  • Schüchternheit, soziale Ängste, depressive Verstimmung
  • Verdauungsschwäche, Magenschmerzen, Obstipation

Differenzialdiagnose

  • Calcium carbonicum: Ähnliche lymphatische Konstitution, aber mehr Neigung zur Fettleibigkeit und Trägheit
  • Silicea: Ebenfalls Entwicklungsverzögerung, aber mit mehr Durchsetzungskraft und Perfektionismus
  • Aurum metallicum: Arteriosklerose mit depressiven Verstimmungen, jedoch mehr Ehrgeiz und Selbstkritik

Potenzwahl und Therapiepraxis

Barium carbonicum entfaltet seine Wirkung langsam. In chronischen Fällen wird häufig eine höhere Potenz (C30 oder C200) in längeren Intervallen verabreicht. Die Reaktionsdauer beträgt etwa 40 Tage. In akuten Fällen, wie einer Angina tonsillaris, kann das Mittel jedoch auch kurzfristig hilfreich sein.

Fazit

Barium carbonicum ist ein wichtiges Mittel für Menschen, die in ihrer Entwicklung „stehen geblieben“ sind – sei es in der Kindheit oder im Alter. Es ist besonders nützlich bei schüchternen, ängstlichen Kindern mit verzögerter Entwicklung sowie bei älteren Menschen mit Arteriosklerose und beginnender Demenz. Seine Wirkung erstreckt sich über das Nervensystem, den Kreislauf, die Drüsen und den Magen-Darm-Trakt. Damit gehört es zu den essenziellen homöopathischen Mitteln für chronische Entwicklungs- und Degenerationsprozesse.

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